Wahlkampfnotizen
Irgendwie plätschert der Wahlkampf so dahin. Gut noch einen Monat bis zur Wahl, es gibt ein bißchen Bewegung in den Zahlen, aber das liegt alles noch im Rahmen der Meßunschärfe. Auch wenn jetzt die CDU unter 30% gefallen ist und das durchaus psychologische Effekte haben kann, würde ich jetzt nicht wirklich etwas darauf geben.
Den »Musk-Effekt«, wie von der AfD erhofft und von den anderen befürchtet, hat es bislang so nicht gegeben. Ein bißchen angestiegen sind die Zahlen für die AfD, die Brandmauer in den Köpfen der Wähler ist vielleicht ein bißchen geschrumpft.
Friedrich Merz hingegen hat noch ein paar Steine auf seine Brandmauer aufgesetzt, er fletscht förmlich die Zähne. In der selben Rede zeigt er gleichzeitig eine dermaßen arrogante Haltung gegenüber seinen potentiellen Koalitionspartnern, der SPD und der Grünen. Er meint, die kämen nach der Wahl angekrochen und er könne denen alles diktieren. Ich glaube, da irrt er sich gewaltig, unterschätzt völlig das Selbstverständnis dieser beiden Parteien. Es wird genau umgedreht sein. Die SPÖ hat es in Österreich vorgemacht. Gerade mit Merz' Aussagen zur AfD wird das Spiel für die noch leichter! Gleichzeitig hat Wüst die CDU in Nordrhein-Westfalen bei einer Wahlkampfveranstaltung Angela Merkel aus der Versenkung herausgeholt, und Söder witzelt auch schon über den ebenfalls anwesenden Merz bei einem Wahlauftritt in dessen Heimat. Dabei wurde wohl auch das Nein zur der Koalition mit den Grünen wiedermal relativiert.
Die Grünen kämpfen zur Zeit an einer inneren Front. Die Gelbhaar-Affäre ist noch nicht völlig aufgeklärt. Auch wenn die beiden kräftig dementieren, so ist eine mögliche Beteiligung von Robert Habeck und/oder seinem Wahlkampfmanager Andreas Audretsch noch nicht wirklich vom Tisch. Im Englischen gibt es ja den Spruch »follow the money«, im Lateinischen die Frage »qui bono?«. Die Frau, die diese falschen Vorwürfe in die Welt gesetzt hat, was hätte sie für einen Nutzen gehabt, wären die Lügen nicht aufgeflogen? Ich sehe da bislang keinen, außer dem Ausleben eines möglicherweise existierenden feministischen Männerhasses, was bei diesem Hintergrund allerdings auch nicht völlig ausgeschlossen ist. Für Audretsch hingegen ist jedoch der Nutzen offensichtlich, ist er sogar jetzt noch. Habeck soll Interview-Termine zur Zeit ausfallen lassen, damit er sich diesbezüglich nicht äußern muß, mehr hier noch. Souveräner, glaubwürdiger Umgang ist da etwas anderes.
Die lästigen Wahlplakate hängen natürlich auch schon wieder überall herum. Ich glaube, ich hatte schon einmal darüber geschrieben: Wie blöd muß eigentlich ein Mensch sein, um sich von den Sprüchen auf den Wahlplakaten beeinflussen zu lassen. Ja, für kleine Parteien sehe ich durchaus noch eine Funktion, sich in Erinnerung zu bringen. Aber schon bei der Vorstellung des lokalen Direktkandidaten wird es schwierig.
Amüsiert habe ich mich über ein Plakat der MLPD (marxistisch-leninistische Partei Deutschlands). »Make Marxismus great again«. In diesen vier Wörtern steckt schon mal ein grundsätzlicher Wahrnehmungsfehler – von der Ironie abgesehen, einen Spruch eines Kapitalisten zu verwenden: Der Marxismus war noch nie großartig, in keiner Form, zu keiner Zeit, an keinem Ort.
Wahlkampfwerbung im Briefkasten ist da nicht wesentlich besser. Ich hatte jetzt eine von der CDU bekommen. Die Direktkandidatin, zur Zeit Bürgermeisterin in einem Nachbarort, stellte sich vor. Ob sie Kaffee oder doch lieber Tee trinke, ob sie Pommes Frites mag, und so weiter. Interessiert mich wirklich nicht, »too much information«. Dagegen bei ihren politischen Zielen blieb sie sehr oberflächig – Allgemeinplätze – nichts, mit dem man etwas anfangen könnte. Eine Bewerbung für die ruhige Hinterbank im Parlament, als Stimmvieh für Merz. Habe ich ihr auch per E-Mail ausgerichtet.