Internet-Zensur existiert
Wenn Kritiker von Internet-Zensur reden, dann winken Politiker gerne ab und verweisen ins Reich der Fabeln. Aber sie ist ganz konkret da, wenn auch noch nicht sonderlich umfangreich. Und die sogenannten DNS-Sperren nehmen immer mehr zu. Hierbei werden die großen Internet-Provider gezwungen, die Namensauflösung von zu sperrenden Seiten zu unterbinden. Besonders effektiv ist das nicht, die Betreiber dieser Sites richten einfach Alternativnamen ein, und wer da drauf will, bekommt die Namen auch ziemlich schnell mit. Aber das darf keine Ausrede sein.
Während bei den Sites, die illegal urheberechtlich geschützte Filme per Video-Stream verbreiten, bislang wenigstens noch Gerichte entschieden haben, hat bei dem jüngsten Zensurvorfall eine Behörde direkt die Sperre bestimmt. Es geht hierbei um die Sperrung einer Porno-Video-Plattform, die keine wirkliche Altersbeschränkung hat. Dahinter sind natürlich nur gute Absichten, aber damit ist, wie das Sprichwort sagt, der Weg in die Hölle gepflastert. Hier sind es wieder die Kinder, die vorgeschoben werden. Sie müssen vor dieser Realität geschützt werden. Wie das damit zusammenpaßt, daß unsere links-grünen Politiker am liebsten schon Kinder im Vorschulalter aufklären wollen, inklusive aller perverser Sexspielarten, will da irgendwie nicht in meinen Schädel. Und warum man den Erziehnugsberechtigten nicht weiterhin die Verantwortung überläßt, was ihre Kinder konsumieren, halte ich auch für unverständlich. Beim Konsum von Alkohol und Zigaretten geht es doch auch.
Diese Tendenzen unterstreichen auch die Kritik an dem Plan der EU, unter dem Namen DNS4EU einen eigenen DNS-Resolver aufzusetzen. Als Begründung wird vorgeschoben, daß viele Bürger in der EU heute amerikanische Dienste verwenden würden, und dort sei ja der hohe europäische Datenschutz nicht gegeben. Bürger würden in ihrem Verhalten ausspioniert. Allerdings bezweifeln viele Internet-Experten, daß die Nutzungsquote tatsächlich so hoch sei, wie die EU behauptet, und eine jüngste Studie der obersten Internet-Organisation ICANN bestätigt das auch.
Klauseln für DNS-Sperren sind ja in dem Anforderungskatalog (»Lawful filtering«) schon enthalten. Zusammen mit der von der EU geäußerten Vision, daß die ganzen Internet-Zugangsanbieter in Europa ihre eigenen Resolver aufgeben und ihre Kunden zu DNS4EU weiterleiten, böte sich für die EU an, ohne viel Aufsehen beliebige mißliebige Seiten zu sperren. Ob Kritik an der Corona-Politik, an der Korruption und Geldverschwendung der EU-Behörden, an der immer weiter vorangetriebenen EU-Integration, an der Migrationspolitik – Themen fallen mir da viele ein. Und auch für die große Datenanalyse am Datenschutz vorbei steht schon das Alibi-Argument der Sicherheit und dem Schutz vor Phishing, Malware usw. bereit.
Auch wenn hierzu keine Pläne bekannt sind, halte ich es nicht für unwahrscheinlich, daß einige Jahre nach der Einführung die Bevölkerung gezwungen wird, diesen Resolver zu nutzen. Die Zugangsprovider müßten dann eigene DNS-Abfragen von Kunden durch selbstbetriebene Resolver unterbinden. Dann gäbe es kein Entkommen mehr.
Nachtrag: Wie ich gerade lese, wird nicht nur die Ausstrahlung des Fernsehkanals von Russia Today in der EU verboten, nein, auch die Internetseite www.rt.com muß von den Providern gesperrt werden, auf die oben beschriebene Art und Weise. Der Resolver meines Providers – den ich nicht nutze – macht das auch schon. Wie war das noch gleich mit den sogenannten »europäischen Werten«? Was für ein hypokritischer Drecksladen.
Nachtrag 2: Hadmut Danisch fragt sich, wie die EU in Sachen RT einfach mit einem Fingerschnipp die deutsche Verfassung (Rezipientenfreiheit, Art. 5, Abs. 1, Satz 1, zweiter Teil) brechen kann. Netzpolitik.org hat auch etwas dazu, aber ich verlinke da nicht mehr dahin wegen deren Linksruck und extensiven Genderei.