7. Januar 2023
Januar 202307

Hinweisgebergesetz: Denunziation als Bürgerpflicht

Ich bin auf einen Artikel von Boris Reitschuster aufmerksam gemacht worden. Es gibt ein neues Gesetz, das »Hinweisgebergesetz«, welches Hinweisgeber, »Whistleblower«, straffrei stellen sollen, wenn sie zum Beispiel von Straftaten in Behörden oder Unternehmen Kenntnis erlangen und diese bekanntmachen. Das Gesetz ist übrigens wieder einmal eine Umsetzung einer EU-Verordnung – ein weiteres Beispiel für die verlorene Souveränität Deutschlands.

Aufklärung von Verbrechen? Hört sich erstmal gut an. Aber hat Deutschland, hat die EU wirklich ein Interesse daran? Der Umgang mit Julian Assange, der noch immer in einem britischen Gefängnis vermodert, oder mit Edward Snowden, der meiner Meinung nach in Europa wie Assange einen wirklichen Asylanspruch hätte (im Gegensatz zu den Millionen Migranten, denen man das blindlings und faktenfrei unterstellt), stattdessen gezwungen war, ins russische Exil zu gehen, sprechen eine komplett andere Sprache.

So stellt sich die Frage, was die wahre Absicht hinter diesem Gesetz ist. Reitschuster verlinkt einen Artikel eines Berliner Rechtsanwalts auf der »Achse des Guten«, der sich das Gesetz näher angeschaut hat. Er kommt zum Schluß, daß praktisch die Verschwiegenheitspflicht von den meisten Berufsgruppen nun aufgehoben ist. Einzig Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte und Notare sind ausgenommen, wobei Tierärzte, die im kommerziellen Umfeld tätig sind (z.B. Landwirtschaft), wieder herausfallen. Für alle anderen – Reitschuster nennt als Beispiel Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Berufspsychologen, Ehe-, Familie-, Jugend-, Erziehungs- oder Suchtberater – gilt nun, sie können straffrei vertrauliche Informationen weitergeben, müssen es allerdings (noch) nicht. Die Hürden seien derart unbestimmt, daß die Voraussetzungen praktisch stets gegeben seien, schreibt der Rechtsanwalt, was die Tür zum Mißbrauch öffne. Auf der anderen Seite sind die Verschwiegenheitspflichten nicht aufgehoben, wenn es u.a. um die nationale Sicherheit, Sicherheitsinteressen des Staates, um Nachrichtendienste, um Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen (hört hört!) geht (§5 Absatz 1).

Der Denunziantenstaat und Spitzelstaat als Prinzip. Alles schon mal dagewesen, ob im Dritten Reich oder DDR. Und daß wir uns immer weiter in Richtung der DDR 2.0 bewegen, schreibe ich auch schon länger.