24. Juni 2021
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Zensur im Gewand des Jugendschutzes

Heise berichtet, daß die Länder, bzw. ihre Jugendschutzvertreter, wieder die wahnwitzige Idee aufgreifen, alle Internet-Endgeräte, und zwar schon betriebsystemseitig, zwangsweise mit Jugendschutzfiltern auszurüsten, die dann erst freigeschaltet werden müssen, wenn Erwachsene auf den gesamten Inhalt des Internets zugreifen wollen.

Frech wird einfach behauptet, das sei technisch kein allzu großes Problem, und die Verbände hätten dem bereits zugestimmt. Die Verbände bestreiten das vehement (bezichtigen die Politiker eigentlich schon der Lüge) und halten das für nicht realisierbar und sehr problematisch.

Ich halte das zudem auch für völlig unverhältnismäßig, die gesamte erwachsene Bevölkerung in Geiselhaft zu nehmen, weil heute jedes Kind ein internetfähiges Mobiltelefon haben muß und man den Eltern nicht zubilligen will, über die Nutzung des Internets durch die Kinder selber zu entscheiden – also entsprechend auf Geräten der Kinder existierende Filtersoftware zu installieren, oder es zu lassen. Man sollte meiner Meinung nach lieber sicherstellen, daß weder Internet-Zugänge (inkl. entsprechender Telefontarife) und Internet-Endgeräte an Kinder und Jugendliche ohne Einwilligung der Eltern gekauft werden können. Der Rest der Geschichte geht den Staat dann nichts mehr an. Beim Alkohol und Tabakwaren geht es ja auch.

Heise-Leser weisen zudem auf die Absurdität hin, daß sich Deutschland gerade massiv über Ungarn aufregt, weil sie die Jugend vor gewissen Medien schützen will und den Eltern das Erziehungsrecht zurück in ihre Hände legt, gleichzeitig hier die Jugend (und die Eltern in ihrem Erzieungsrecht!) noch viel umfangreicher bevormunden will, als es Ungarn durch das neue Gesetz tut.

Viele Leser sind auch der Meinung, daß es weniger um die Kinder geht, sondern daß das der Einstieg in eine Internet-Zensur und in chinesische Verhältnisse sein soll. Hat man die Hersteller erst einmal dazu gebracht, nur noch Geräte anzubieten bzw. verkaufen zu können, die die Filterfunktion besitzen, kann man das sukzessive ausbauen. Filterlisten, die die Geräte dann regelmäßig herunterladen müssen, und gar Überwachung der besuchten Seiten, sind dann nicht mehr fern. Über die besagte Freischaltung könnte man leicht dem Nutzer eine eindeutige ID zuweisen, die der Browser dann gezwungernermaßen bei jedem Request mitschicken müßte. Dann ein paar Honeypot-Server mit entsprechenden Themen aufstellen und seine Kandidaten sammeln.

Und soetwas sind dann die »Werte«, auf die sich die EU doch so gerne beruft. Ich könnte kotzen.