4. Juni 2020
Juni 202004

Tote Gutmenschen unantastbar?

Ich sehe gerade bei Heise diese Meldung im großen Kontext des Lübke-Mordes und frage mich: Ist das noch legitime Strafverfolgung oder schon Gesinnungsdiktatur – »Zeichen setzen«? Man ermittele gegen sie u.a. wegen § 189 StGB. Was steht dort drin?

Wer das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ein sogenannter Gummi-Paragraph. Wie ist denn die Verunglimpfung juristisch definiert? Und wie kann man ein »Andenken« verunglimpfen? Die Frage nach einer Verunglimpfung ist in der bundesrepublikanischen Geschichte offenbar schon mehrfach bis zu den höchsten Gerichten gelangt und ist dort teils fragwürdig entschieden worden, auf jeden Fall nach heutigen Maßstäben. Ist schon die Bezeichnung als Gutmensch eine Verunglimpfung? Würde zum Beispiel jemand Lübke verunglimpfen, wenn er sagen würde, Lübke sei selber Hetzer und Hasser gewesen, wenn er Landsmänner auffordert, das Land zu verlassen, wenn ihnen seine Politik nicht passe?

Ich will die Leute nicht verteidigen. Aber daß diese Vernehmungen nahezu am Jahrestag des Mordes passieren, ist bestimmt kein Zufall. Und die Anwendung einer der – nach Freiheitsentzug – schwersten Grundrechtseingriffe, die Hausdurchsuchung, womöglich noch verbunden mit der Beschlagnahmung von Eigentum, auch nicht.

Je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer sehe ich meine Eingangsfrage beantwortet.