29. April 2021
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Doppelstandards des Bundesverfassungsgerichts?

Das Bundesverfassungsgericht hat zum Klimaschutzgesetz geurteilt. Soweit ich das aus meiner Laiensicht bewerten kann, ist das Urteil banaler, als es klingt: Das Gericht bemängelt, daß das Gesetz zwar Klimaziele bis 2050 definiere (CO₂-Neutralität), aber nur regele, was bis 2030 dafür gemacht werden soll. Für die restliche Zeit von 2030 bis 2050 fehle ein Plan.

Die Pressemitteilung strotzt von den Phrasen der Klimakirche. Im Urteil selber wird heftigst hin- und hergerechnet. Den Aussagen des IPCC wird offenbar voll vertraut. Nach Distanz oder gar Infragestellung sieht es nicht aus.

Neben der fragwürdigen Herleitung der Erkenntnis, daß die Maßnahmen bis 2030 zu gering seien, habe ich ein echtes Problem mit dem Urteil bei der Begründung. Die Hauptaufgabe würde also auf die Zeit nach 2030 verschoben werden. Der Großteil der Last würde daher die dann lebende Generation tragen müssen, und da die dann notwendigen Maßnahmen mit stärkeren Einschränkungen in die Grundrechte verbunden sein könnten, wäre das ja ungerecht.

Wenn man annähme, das sei richtig und ein Problem, warum war bei den ganzen Verfahren um die Euro-Rettung und jüngst bei der Eilentscheidung um das 750 Mrd.-Euro-»Corona«-Rettungspaket nie davon die Rede, wie zukünftige Generationen durch Inflation, Nullzins und Schuldenberge in ihren Grundrechten – speziell, den Ertrag ihrer Arbeit zu genießen – benachteiligt werden?

Aber vermutlich sind in dem Urteil doch noch einige Fallen versteckt. Ich schließe mich ja schon länger der Meinung anderer an, daß das Gericht mittlerweile auch völlig links-grün unterwandert ist (man schreibt ja auch von Beschwerdeführenden und nicht -führern) und sich die Urteile so hindreht, wie es sich das wünscht. So erklärt das Gericht zum Beispiel auch, daß keine 100% sicheren wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen müßten, bevor die Regierung mit Maßnahmen zum Schutz unsere Umwelt beginnen könne – »Hinweise auf die Möglichkeit«, also quasi Hörensagen, reichten schon (Leitsatz 2b). Das erinnert fatal an die völlig sinnlosen Anti-Corona-Maßnahmen, mit denen wir uns herumschlagen müssen. Ist das schon ein Vorgeschmack auf die Antwort auf die 111 und mehr Klagen bzgl. des Infektionsschutzgesetzes?

Ich bin mal gespannt, was die Experten zu dem Urteil sagen werden.

Ebenfalls spannend wird das Framing der Presse sein. Ich war schon angewidert durch die Überschrift der eigentlich eher konservativen Welt: »Verfassungsbeschwerden erfolgreich – Klimaschutzgesetz reicht nicht weit genug«. Das »weit genug« darf man eigentlich nur zeitlich sehen, wird aber mit mit Sicherheit anders interpretiert, und das ist so gewollt. Auch das »erfolgreich« ist eine halbe Lüge. Sie war eben nur teilweise erfolgreich.

Nachtrag: Kritischer Artikel bei der FAZ:

Doch geht es hier um hochkomplexe künftige Vorgänge, bei deren Beurteilung und Regelung sich das Verfassungsgericht zu übernehmen droht. Daß es seine Pressemitteilung auch gleich auf englisch und französisch in die Welt setzte, untermauert seinen Geltungsanspruch. Die Beladenen und Betroffenen dieser Erde sollen wissen: In Karlsruhe finden sie Zuflucht.

Nachtrag 2: Noch drei kritische Kommentare bei Tichys Einblick: Ein verheerendes Urteil aus Karlsruhe, Ein später Sieg für Merkel und eine Niederlage für die junge Generation und Bundesverfassungsgericht hebt Grundgesetz zu Gunsten der Klimapolitik auf