14. Oktober 2016
Oktober 201614

CETA…

Ganz Europa ist von CETA besetzt. Ganz Europa? Nein! Ein von unbeugsamen Wallonen bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten…

…so könnte – à la Asterix – eine wahre Geschichte beginnen. Denn im Moment noch leisten tatsächlich die Wallonen tapfer Widerstand gegen CETA, besser als wir Deutsche oder die Österreicher (darauf komme ich gleich noch). Es zeichnete sich schon am Mittwoch ab, wie u.a. die belgische Site Flandern Info und die luxemburgische Site Luxemburger Wort berichteten. In Belgien haben angeblich die Regionalparlamente deutlich mehr Einfluß als bei uns die Landesparlamente. Und so könnte es wohl tatsächlich sein, daß Belgien CETA und auch der vorläufigen Inkraftsetzung nicht zustimmen darf. Wie die Süddeutsche und auch andere meldeten, hat heute das Regionalparlament der Wallonie in einer Abstimmung ihre Position nochmal gefestigt – mit 46 zu 16 Stimmen, was fast eine Dreiviertel-Mehrheit ist. Fefe berichtet gerade, daß die schmierigen Kumpanen aus der EU und aus der Zentralregierung natürlich wieder unter der Gürtellinie Druck auf die Wallonen ausüben, z.B. mit der Streichung von Fördergeldern. Erinnerungen an die Volksabstimmungen in Irland werden wach. Hoffentlich bleiben sie standhaft.

Nicht standhaft geblieben sind natürlich mal wieder … na … na … wer? Ja, genau, die Sozialdemokraten. Diesmal sind nicht die deutschen Sozies die Verräter, sondern die österreichischen. Was kümmert es das Präsidium der SPÖ schon, daß sich in einer Mitgliederbefragung 90% der Genossen gegen CETA ausgesprochen haben? Einen feuchten Kehricht – und haben heute die 180°-Wende vollzogen. Ja, die Nachbesserungen, die hätten es jetzt gebracht. Ja, genau die, die Kritiker für absolut wertlos halten, weil sie juristisch und inhaltlich irrelevant sind, wie ich schon berichtete.

Kommen wir zu Deutschland. So schlecht lag ich ja gar nicht mit meiner Vorhersage. Außer, daß diese Notifizierungen offenbar völkerrechtliche Relevanz besitzen. Welche, das werden wir noch sehen.

Allgemein gibt es nach dem Urteil offiziell nur Gewinner. Das sehe ich nicht so. Auch wenn die Gegner nicht ohne Berechtigung die auferlegten Bedingungen als wichtig erachten und glauben, daß Gabriel und die Bundesregierung große Probleme haben werden, diese Auflagen zu erfüllen (wenn sie nicht wieder tricksen), ist doch der größter Verlierer der Bürger. Voßkuhle hat doch mal wieder klar zu verstehen gegeben. daß die politischen Partner Deutschlands, die internationale Wirtschaft und allgemein die Staatsräson wichtiger sind als wir dumme Bürger mit unseren sogenannten »Bürgerrechten«. Gabriel hat offenbar mit dem Horrorszenario der sich nicht mehr drehenden Welt nach einer Verfügung gegen CETA Eindruck bei Voßkuhle hinterlassen. Oder Voßkuhle will sich einfach keinen Streß machen.

Hoffnung macht sich noch Campact. Die haben die Grünen in den Bundesländern aufgefordert, die Ratifizierung von CETA im Bundesrat zu verhindern. Das könnten sie nach aktueller Beteiligung in den Landesparlamenten. Aber zum Beispiel auf einen Herrn Kretschmann ist ja auch kein Verlaß, wie man aus dem Stuttgart-21-Drama weiß. Dem ist sein Ministerpräsidentensessel auch näher als seine vorgebliche Überzeugung.

Übrigens, wer die Übertragung im ÖR gesehen hatte, hat vielleicht mitbekommen, daß jemand etwas in den Saal rief, als die Richter hinausgingen. Man konnte das nicht verstehen, weil gerade ausgeblendet wurde. Der Spiegel berichtet, was es war: »Artikel 20, Absatz 4« – mehr nicht. Braucht es auch nicht, jeder im Saal wird es verstanden haben. Da fällt mir ein, daß man im Mittelalter in Brügge mal einem korrupten Richter die Haut beim lebendigen Leibe abgezogen hatte. Die Haut wurde dann – wenn ich es richtig in Erinnerung habe – als Baldachin am Richterstuhl angebracht, auf dem der Sohn des Richters die Nachfolge antrat. Die Geschichte zeigt also, daß Richter nicht außen vor sind.

Der ORF berichtet übrigens noch von anderen Staaten, bei denen die Zustimmung noch nicht durch ist. Aber mit wirklichen Widerstand ist dort nicht zu rechnen.