1. Mai 2017
Mai 201701

70% der Bürger wollen Zensur

Gemäß einer Umfrage (via Heise) wollen also 70% der Bürger auf Facebook & Co. zensiert werden. Die Leute wurden auch gefragt, ob sie darin eine Gefährdung der Meinungsfreiheit sähen, und nur 26% sind dieser Ansicht (16% »eher ja«, 10% »auf jeden Fall«). Es könnte natürlich sein, daß die Befragten nicht ausreichend informiert gewesen waren, aber ich halte es für wahrscheinlicher, daß hier der deutsche Michel wie üblich reagiert: Gottvertrauen in die Obrigkeit und der Glaube, daß sie selbst nicht davon betroffen wären.

Nachdem Maas und Konsorten so einen Tamtam machen, könnte man doch meinen, es gäbe wirklich Bedarf, speziell bezüglich der sogenannten Fake-News, ein sowieso extrem schwammiger und dehnungsfähiger Begriff. Das Justizministerium müßte doch existierende Fälle nennen können, die in die angebliche Gesetzeslücke gefallen sind, die durch das »Netzwerkdurchsetzungsgesetz« geschlossen werden soll. So dachte sich Golem das und hat dort nachgefragt. Und, was kam heraus? Überraschung: es gibt keine.

Man muß also konstatieren: Die erste wirkliche Fake-News, die zu echtem Schaden führen könnte (sobald das Gesetz beschlossen ist), sind die Lügen von Maas und Co., daß es solche überhaupt gäbe. Bravo!

Tatsächlich ist die Lüge – als Basis der Fake-News – ja auch nicht strafbar. Jeder darf, auch in der Öffentlichkeit, lügen. Natürlich gibt es Einschränkungen, zum Beispiel, wenn es andere Leute betrifft (unter anderem jemanden einer Tat bezichtigen oder sonst diskreditieren), oder vor Gericht als Zeuge. Aber die Lüge als solche ist eben straffrei. Wäre das nicht so, wären die Gefängnisse überfüllt mit Politikern…

Es gibt immer umfangreicheren Protest – im folgenden aufgelistet –, jedoch gibt es bisher keine Anzeichen, daß das in die Wahrnehmungsblase der Bundesregierung eindringt. Ich las irgendwo, daß der Gesetzentwurf die Tage mit nur kleinen Änderungen im Bundeskabinett bestätigt worden sei. Ich frage mich, was ist der Hintergrund dieser Kritikresistenz? Geht es wirklich nur um die Angst der Groko vor der AfD? Oder findet hier eine Orbanisierung und Erdogansierung unserer Demokratie statt, bei der man sich generell der Kritik aus der Zivilgesellschaft entledigen will?